EPR für Textilien: Was Unternehmen in der EU jetzt wissen müssen
Inhalt:
- Herstellerverantwortung für Textilien: Was ist die Textil-EPR?
- Neue EU-weite Regelungen zum Textilrecycling
- Status Quo in Deutschland: aktuelle Lage und Getrenntsammlungspflicht
- Fazit: Nachhaltiges Textilrecycling als Chance für Unternehmen
Ausgediente T-Shirts, Jacken, Hosen und vieles mehr: EU-weit werden im Durchschnitt jedes Jahr fast 26 kg Textilien gekauft, während gleichzeitig jährlich etwa 11 kg davon entsorgt werden. Doch statt sie zu verbrennen oder auf Deponien zu entsorgen, gibt es neben der Wiederverwendung eine deutlich nachhaltigere Lösung: das Recycling. Textilrecycling soll wertvolle Ressourcen schonen und Abfälle reduzieren. Ein echtes Faser-zu-Faser-Recycling passiert heute aber nur mit weniger als einem Prozent des textilen Abfalls.
Um Ressourcen zu schonen und die notwendige Skalierung des Textilrecyclings zu fördern, gewinnt die erweiterte Herstellerverantwortung (Extended Producer Responsibility, EPR) für Textilien immer mehr an Bedeutung. Bereits in mehreren EU-Ländern wurden verpflichtende EPR-Systeme eingeführt, und auf EU-Ebene wird eine Anpassung der EU-Abfallrahmenrichtlinie erwartet, die innerhalb der nächsten Jahre in allen Mitgliedstaaten umgesetzt werden soll. Was bedeutet das aber konkret für Unternehmen, die Textilien auf den Markt bringen? Hier erfahrt ihr, welche Länder bereits eine EPR für Textilien eingeführt haben, welche Verpflichtungen bestehen und was in Zukunft auf Unternehmen in der EU zukommt.
Herstellerverantwortung für Textilien: Was ist die Textil-EPR?
Die erweiterte Herstellerverantwortung ist ein Konzept, das Produzent:innen und Händler:innen in die Pflicht nimmt, sich um die Entsorgung und Verwertung ihrer Produkte zu kümmern, nachdem sie von Verbraucher:innen genutzt wurden. Dieses Prinzip ist bereits aus anderen Bereichen wie Verpackungen, Elektronik und Batterien bekannt und wird zunehmend auch auf Textilien angewendet.
Konkret bedeutet EPR für Textilien, dass Unternehmen, die Kleidung oder andere Textilprodukte (in bestimmten Ländern) verkaufen, für deren Sammlung, Sortierung und Recycling verantwortlich sind. Dies erfolgt über nationale Lizenzierungssysteme, bei denen Inverkehrbringer:innen meist mengenabhängige Gebühren zahlen, die zur Finanzierung von Sammel- und Verwertungssystemen verwendet werden.
Das Verwertungssystem umschließt dann alle Prozesse, bei denen Alttextilien in einem, ihrem Zustand entsprechenden, passenden Verwertungsweg zugeführt werden. Dies kann unter anderem durch Wiederverwendung, mechanisches oder chemisches Recycling, geschehen. Kann ein Textil keinem dieser Wege zugeführt werden, wird es thermisch verwertet, was aber durch die Skalierung von Recyclingmöglichkeiten zunehmend reduziert werden sollte. Während das mechanische Recycling heute z.B. für die Herstellung von Dämmmaterialien etabliert ist, gibt es das chemische Recycling zur Gewinnung von Rezyklaten bislang noch nicht im industriellen Maßstab. Das liegt unter anderem daran, dass zur Gewinnung von Rezyklaten, die auch wieder in Textilien eingesetzt werden können, sehr hochwertige, reine Materialqualitäten notwendig sind, wozu der heute manuelle Sortierprozess nicht ausreicht und eine spezifische Sortierung für das Recycling nach Materialart notwendig wird.
In welchen Ländern existieren bereits EPR-Systeme für Textilien?
In einigen EU-Staaten wurden bereits verpflichtende EPR-Systeme für Textilien eingeführt. Dazu gehören:
- Frankreich: Als Vorreiter hat Frankreich bereits seit 2008 ein EPR-System für Textilien. Hersteller:innen müssen sich einem Sammelsystem anschließen und Beiträge leisten, die in Recyclinginfrastrukturen investiert werden.
- Niederlande: Seit 2023 gibt es in den Niederlanden ebenfalls eine EPR-Regelung für Textilien. Produzent:innen und Importeur:innen sind verpflichtet, für die umweltgerechte Entsorgung und Wiederverwertung ihrer Produkte zu sorgen.
- Lettland: Hier gibt es seit 2024 EPR-Pflichten für Textilen. Hersteller:innen sind seit Juli 2024 verpflichtet, die Kosten für die Sammlung, Verarbeitung und das Recycling ihrer Textilabfälle zu tragen.
- Ungarn: In Ungarn werden seit 2023 EPR-Gebühren auf Basis von Mengenmeldungen auf Textilien erhoben.
Neue EU-weite Regelungen zum Textilrecycling
Derzeit werden auf EU-Ebene Änderungen in der EU-Abfallrahmenrichtlinie verhandelt, die eine verpflichtende EPR-Regelung für Textilien in allen Mitgliedstaaten vorsehen. Die finalen Beschlüsse stehen noch aus. Es wird erwartet, dass die Regelungen innerhalb von 18 bis 30 Monaten nach Beschluss in Kraft treten.
Für Unternehmen bedeutet das, dass sie sich frühzeitig mit den kommenden Anforderungen auseinandersetzen sollten. Dazu gehören:
- Bestandsaufnahme der betroffenen Produkte: Welche Textilien bringt ihr auf den Markt?
- Prüfung bestehender nationaler Vorschriften: Falls ihr in Ländern wie Frankreich oder den Niederlanden verkauft, gelten bereits spezifische Regelungen.
- Vorbereitung auf kommende EPR-Pflichten: Auch wenn die genauen Vorgaben noch nicht finalisiert sind, könnt ihr euch bereits jetzt strategisch darauf einstellen.
Status Quo in Deutschland: aktuelle Lage und Getrenntsammlungspflicht
Seit dem 1. Januar 2025 besteht in der EU eine allgemeine Pflicht zur Getrenntsammlung von Textilabfällen. Diese Vorschrift richtet sich jedoch nicht an Unternehmen, sondern an öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger (örE), die nun verpflichtet sind, Endverbraucher:innen Möglichkeiten zur getrennten Sammlung von Alttextilien anzubieten. Aktuell werden in Deutschland jährlich etwa eine Million Tonnen Alttextilien gesammelt, was einer Sammelquote von 64 Prozent entspricht.
In Deutschland gibt es derzeit noch keine einheitliche Infrastruktur für die Entsorgung nicht mehr tragbarer Textilien. Während tragbare Kleidung weiterhin über gewerbliche Altkleidersammler verwertet wird, gibt es für nicht tragbare Textilien bislang keine flächendeckende Alternative zum Restmüll. Strafen für die unsachgemäße Entsorgung existieren daher bislang nicht. Obwohl die Pflicht schon seit Beginn des Jahres in Kraft ist, ergeben sich daher in der Praxis kaum Änderungen für Verbraucher:innen.
Unternehmen unterliegen schon länger der Pflicht, Textilabfälle getrennt zu erfassen und fachgerecht zu entsorgen. Diese Verpflichtung besteht unabhängig von der neuen Getrenntsammlungspflicht für Haushalte. Unternehmen sollten daher weiterhin sicherstellen, dass Produktionsreste, unverkaufte Ware oder gebrauchte Arbeitskleidung ordnungsgemäß verwertet werden. Die Nichteinhaltung der Getrenntsammlungspflicht kann für Unternehmen erhebliche Konsequenzen haben.
Herausforderungen der heutigen Verwertungsinfrastruktur
Die heutige Verwertungsinfrastruktur steht vor Herausforderungen. Die Wirtschaftlichkeit des heutigen Systems ist durch den hohen manuellen Sortieraufwand und die abnehmende Qualität der gesammelten Textilien, sowie weitreichende Veränderungen an den Absatzmärkten für Secondhand-Ware beeinflusst und kann so nicht mehr sichergestellt werden. Zum Aufbau der notwendigen Sortierinfrastruktur für das Recycling und der Recyclinginfrastruktur selbst wiederum sind Investitionen notwendig, die einer gewissen Marktstabilität und Sicherheit bedürfen. Damit entsteht eine infrastrukturelle Lücke, die es zu schließen gilt, um sicherzustellen, dass bis zum Inkrafttreten der EPR auch eine Infrastruktur für deren Umsetzung etabliert ist.
Expert:innen fordern daher dringend Maßnahmen wie die Umsetzung einer EPR für Textilien in Deutschland, um den Aufbau der notwendigen Infrastruktur anzukurbeln und eine echte Kreislaufwirtschaft für Textilien etablieren zu können.
Fazit: Nachhaltiges Textilrecycling als Chance für Unternehmen
Während die neue Getrenntsammlungspflicht primär Verbraucher:innen und öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger:innen betrifft, liegt die größere Herausforderung für Unternehmen in der bevorstehenden Einführung der erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien.
EPR für Textilien wird in den kommenden Jahren EU-weit verpflichtend. Das Textilrecycling bietet zahlreiche Chancen. Unternehmen, die rechtzeitig handeln, tragen aktiv zur Kreislaufwirtschaft bei und können sich frühzeitig als nachhaltige Marke positionieren. Durch Kooperationen mit spezialisierten Recyclingunternehmen wie Interzero kann der Aufbau der notwendigen Infrastruktur zur Etablierung eines Textilkreislaufs gemeinsam sichergestellt werden. Um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden und gleichzeitig wirtschaftliche Vorteile zu nutzen, ist es ratsam, sich frühzeitig mit dem Thema auseinanderzusetzen. Wir unterstützen euch dabei, eure bereits bestehenden oder zukünftigen Pflichten gesetzeskonform umzusetzen und kreislauffähige Lösungen zu finden.