Green Claims & Digital Product Passport: Neue EU-Regeln für Verpackungen ab 2026
Inhalt:
- Der rechtliche Rahmen: Zwei neue EU-Richtlinien
- Der Digitale Produktpass (DPP): Herzstück der digitalen Verpackung
- Auswirkungen für Unternehmen und Verpackungshersteller:innen
- Digitale Verpackung in der Praxis: QR-Codes & Informationsplattformen
- Fazit: Verpackung wird digital – jetzt vorbereiten
Verpackungen sind längst mehr als nur Schutz für ein Produkt – sie tragen Botschaften. Begriffe wie „umweltfreundlich“ oder „klimaneutral“ prägten in den letzten Jahren das Verpackungsdesign vieler Marken. Doch die Zeiten unverbindlicher Nachhaltigkeitsversprechen sind gezählt: Die EU will Schluss machen mit unklaren Umweltclaims und Greenwashing.
Mit neuen Richtlinien und dem Green Deal schafft sie einen verbindlichen Rahmen, der Transparenz und Nachprüfbarkeit in den Vordergrund stellt. Für euch als Unternehmen bedeutet das nicht nur strengere Vorgaben, sondern auch eine grundlegende Veränderung in der Art, wie Informationen vermittelt werden. Denn die Verpackung wird künftig digital gedacht: Über QR-Codes und den digitalen Produktpass (DPP) erhalten Verbraucher:innen direkten Zugang zu relevanten Daten – von der CO₂-Bilanz bis hin zur Recyclingfähigkeit.
Alles was ihr zu der Empowering Consumers Directive und der Green Claims Directive wissen müsst, erfahrt ihr in diesem Beitrag.
Der rechtliche Rahmen: Zwei neue EU-Richtlinien
Die Empowering Consumers Directive
Ab Herbst 2026 gelten neue Spielregeln für die Verpackungskommunikation: Begriffe wie „klimaneutral“ oder „biologisch abbaubar“ dürfen nur noch dann erscheinen, wenn Unternehmen sie mit klaren, öffentlichen Belegen hinterlegen können. Der bloße Hinweis auf Nachhaltigkeit reicht künftig nicht mehr.
Die Empowering Consumers Directive zielt darauf ab, Konsument:innen vor irreführenden Aussagen zu schützen und ihnen einen direkten Zugang zu Hintergrundinformationen zu geben. Vage Begriffe oder Werbeversprechen ohne Faktenbasis sind ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zulässig. Die EU möchte damit erreichen, dass Verbraucher:innen klare und verlässliche Informationen zu Produkten bekommen, damit sie nachhaltigere Kaufentscheidungen treffen können. Dafür sollen neue Regeln ins Verbraucherrecht aufgenommen werden, die irreführende Praktiken verbieten – zum Beispiel:
- Falsche oder übertriebene Umweltaussagen (Greenwashing)
- Produkte, die absichtlich schneller kaputtgehen (geplante Obsoleszenz)
- Unklare oder unglaubwürdige Nachhaltigkeitssiegel
- Irreführende Infos zu sozialen Aspekten von Produkten oder Unternehmen
Die Green Claims Directive
Noch weiter geht der zweite Baustein: Die sogenannte Green Claims Directive soll Unternehmen verpflichten, jede Form von Umweltaussage wissenschaftlich abzusichern. Zusätzlich müssen diese Angaben durch unabhängige Prüfinstanzen verifiziert werden.
Warum? Heute gibt es in der EU Hunderte von Öko-Siegeln, doch viele sind unklar oder wenig glaubwürdig. Laut EU-Kommission waren 2020 über 50 % der geprüften Umweltversprechen vage oder irreführend, 40 % sogar gar nicht belegt. Ohne klare Regeln können Konsument:innen daher kaum erkennen, welche Produkte wirklich nachhaltig sind.
Was schlägt die Richtlinie vor?
- Unternehmen müssen freiwillige Umweltversprechen künftig wissenschaftlich belegen (z. B. mit Lebenszyklusanalysen).
- Angaben sollen sich auf anerkannte Standards stützen, transparent sein und alle wichtigen Umweltaspekte (Klimaschutz, Ressourcennutzung, Biodiversität etc.) berücksichtigen.
- Kompensationen (z. B. CO₂-Ausgleich) müssen klar getrennt und transparent dargestellt werden.
- Vergleichende Aussagen („unser Produkt ist umweltfreundlicher als…“) dürfen nur mit gleichen Datenquellen und Methoden gemacht werden.
- Alle Versprechen müssen von unabhängigen Prüfern kontrolliert und mit einem EU-weit anerkannten Zertifikat bestätigt werden.
Auch diese Ergebnisse müssen online frei zugänglich bereitgestellt werden. Für Unternehmen entsteht damit ein verbindlicher Rahmen, der faktische Transparenz erzwingt und Greenwashing endgültig einen Riegel vorschieben soll.
Der Digitale Produktpass (DPP): Herzstück der digitalen Verpackung
Ein zentrales Element der kommenden EU-Vorgaben ist die stärkere Digitalisierung von Verpackungsinformationen. Statt Verbraucher:innen mit einer Vielzahl an Symbolen und Labeln auf der Verpackung zu überfordern, setzt die EU künftig verstärkt auf digitale Lösungen wie QR-Codes. Der DPP wird für alle Unternehmen, die Waren auf dem europäischen Markt in Verkehr bringen, zur Pflicht. Der DPP ist Teil der sogenannten Eco Design for Sustainable Products Regulation (ESPR), die den rechtlichen Rahmen für nachhaltige Produktgestaltung in der EU setzt. Er soll für viele Produktgruppen, darunter auch Verpackungen, verbindlich eingeführt werden.
Was ist der Digitale Produktpass?
Der DPP ist eine standardisierte, digitale Informationssammlung, die über die Verpackung zugänglich ist – meist über einen QR-Code. Er macht Verpackungen maschinenlesbar und eröffnet einen transparenten Blick auf:
- Inhaltsstoffe und Materialien
- CO₂-Bilanz
- Herkunft und Produktionsbedingungen
- Recyclingfähigkeit und Entsorgungswege
- Weitere Nachhaltigkeitsaspekte
Warum ist er so wichtig?
Der Produktpass schafft einheitliche Transparenz für Verbraucher:innen, Behörden und Geschäftspartner:innen. Statt einmalig gedruckter Angaben entsteht eine dynamische Informationsbasis, die bei Bedarf aktualisiert werden kann. Verpackung wird so nicht nur physischer Schutzmantel, sondern auch digitaler Datenträger. Durch den DPP erhalten Händler:innen Informationen am Point of Sale, Verbraucher:innen können sich umfassend informieren und Behörden die Anforderungen überprüfen.
Ab 2027 soll der Digitale Produktpass für verschiedene Produktgruppen (Textilien, Batterien, Elektronik) eingeführt werden.
Auswirkungen für Unternehmen und Verpackungshersteller:innen
Die neuen Vorgaben stellen euch zwar vor Herausforderungen, bieten aber auch Chancen:
Herausforderungen:
- Datenbeschaffung: Alle relevanten Informationen müssen gesammelt, geprüft und digital aufbereitet werden.
- Gestaltung: Verpackungen müssen Platz für QR-Codes bieten und zugleich optisch stimmig bleiben.
- Logistik und Integration: Prozesse müssen so angepasst werden, dass Daten regelmäßig aktualisiert werden können.
Chancen:
- Vertrauen schaffen: Transparente, geprüfte Angaben steigern Glaubwürdigkeit.
- Wettbewerbsvorteile: Wer früh umsetzt, kann sich als Vorreiter im Bereich Nachhaltigkeit positionieren.
- Kundendialog: Digitale Verpackung eröffnet neue Möglichkeiten, um Verbraucher:innen Zusatzinformationen, Kampagnen oder Zertifikate bereitzustellen.
Digitale Verpackung in der Praxis: QR-Codes & Informationsplattformen
Die Umsetzung wird vor allem über QR-Codes laufen. Verbraucher:innen können diese direkt auf der Verpackung scannen und erhalten Zugang zu den hinterlegten Daten.
Auf diese Pflichtangaben solltet ihr euch vorbereiten:
Nachweise für verwendete Green Claims
Ergebnisse externer Prüfungen
Angaben zu Materialien und Recycling
Diese freiwilligen Angaben sind möglich:
Neben den verpflichtenden Infos könnt ihr den digitalen Raum auch für eure Markenkommunikation nutzen:
- Unternehmensphilosophie
- Zertifikate und Gütesiegel
- CSR-Maßnahmen oder Klimakompensation
- Kampagnen oder Zusatzservices
Fazit: Verpackung wird digital – jetzt vorbereiten
Die EU macht Ernst im Kampf gegen Greenwashing. Ab 2026 müssen Umweltaussagen auf Verpackungen transparent, belegbar und digital abrufbar sein. Der Digitale Produktpass wird dabei zur Pflicht und verändert die Verpackung grundlegend: Sie wird nicht mehr nur gedruckter Werbeträger, sondern dynamischer Informationskanal.
Für euch als Unternehmen heißt das: Jetzt handeln. Wer frühzeitig eine Datenstrategie entwickelt, Prozesse aufsetzt und den Digital Product Passport integriert, sichert sich nicht nur rechtliche Sicherheit, sondern auch Vertrauen und Wettbewerbsvorteile.