Mehrwegpflicht im stationären Handel seit 2023: Das müsst ihr wissen

Inhalt:

 

Das Verpackungsgesetz (VerpackG) regelt seit 2019 die Entsorgung, Sammlung und das Recycling von Verpackungsabfällen in Deutschland. Dazu müssen alle Inverkehrbringer:innen, die gewerblich Verpackungen in Deutschland in Umlauf bringen, einigen Verpflichtungen nachkommen. Neben grundlegenden Anforderungen wie der Registrierung im zentralen Melderegister LUCID und der Verpackungslizenzierung bei einem dualen System, sind insbesondere durch die Novelle im Jahr 2021 weitere Regulierungen für bestimmte Handelsgruppen hinzugekommen. Eine wichtige Änderung betrifft den stationären Handel und die Bestimmung zur Mehrwegpflicht seit 2023. In unserem Blogartikel erklären wir genau, welche Verpflichtungen dazugehören und was zu tun ist.

 

Das VerpackG im stationären Handel

Ziel des VerpackG ist es, Verpackungsabfälle zu minimieren, Recyclingquote zu erhöhen und so mehr Wertstoffe wieder in den Kreislauf zurückzuführen. Das Prinzip hinter dem VerpackG ist die sogenannte erweiterte Herstellerverantwortung, die besagt, dass Inverkehrbringer:innen Verantwortung für die durch sie in Verkehr gebrachten Verpackungen übernehmen müssen. Das tun sie, indem sie sich finanziell an einem dualen System beteiligen, welches dann wiederum den Entsorgungs- und Recyclingprozess der Verpackungen übernimmt. Die Regulierungen betreffen alle Arten von Verkaufs- und Versandverpackungen sowie Serviceverpackungen. Serviceverpackungen sind eine spezielle Unterart der Verkaufsverpackung und zeichnen sich dadurch aus, dass die Verpackungen erst vor Ort mit Ware befüllt werden. Wenn ihr Verpackungen an Kund:innen ausgebt, die anschließend bei diesen zu Hause im Müll entsorgt werden, seid ihr von den Pflichten des VerpackG betroffen. Das ist zu tun:

  1. Lizenzierung bei einem dualen System: Lizenziert eure voraussichtlich anfallenden Verpackungsmengen bei einem dualen System. Bei Lizenzero könnt ihr dies ganz einfach über unseren Kalkulator oder die Berechnungshilfe durchführen.
  2. Registrierung beim Melderegister LUCID: Registriert euch als Hersteller bei LUCID. Lasst euch nicht von dem Wortlaut "Hersteller" verunsichern, als Hersteller gilt nach dem VerpackG jede:r, der/die gewerblich Verpackungen in Umlauf bringt.
    Wichtig: Nach erfolgreicher Registrierung erhaltet ihr eine Registrierungsnummer von LUCID. Diese müsst ihr an euer duales System melden.
  3. Datenmeldung beim Melderegister LUCID: Meldet eure beim dualen System lizenzierten Verpackungsmengen in eurem LUCID Konto. Auch der Namen eures dualen Systems muss angegeben werden (das duale System hinter Lizenzero heißt Interzero). Wichtig ist, dass die Mengen zu jeder Zeit bei beiden Systemen identisch sind. Das bedeutet, wenn ihr Änderungen bei einer Stelle vornehmt, müssen diese auch an der anderen Stelle durchgeführt werden.
    Tipp: Wenn ihr über Lizenzero lizenziert, könnt ihr den XML-Download nutzen, um schnell und unkompliziert eure Mengen bei LUCID hochzuladen.

Der Verkauf von Serviceverpackungen, darunter zählen unter anderem Einweggeschirr und -becher, bildet noch einmal eine Sondergruppe der Verkaufsverpackungen. Serviceverpackungen können als einzige Verpackung vorlizenziert gekauft werden, wodurch die eigene Beteiligung an einem dualen System entfällt. Trotzdem müsst ihr euch auch für Serviceverpackungen bei LUCID registrieren und eure Mengen melden. Lest mehr dazu in unserem ausführlichen Blogbeitrag zu Serviceverpackungen.

 

Was bedeutet die Mehrwegpflicht und bin ich betroffen?

Generell ist jede:r vom VerpackG betroffen, der/die gewerblich handelt und Ware erstmals in Verpackungen befüllt und diese von Endverbraucher:innen über den Hausmüll entsorgt werden. Neben den grundlegenden Regulierungen sind seit dem 01.01.2023 nun insbesondere stationäre Händler:innen von einer neuen Verpflichtung aus dem VerpackG betroffen: der Mehrwegpflicht.

Diese besagt, dass jede:r Händler:in, der/die Einweggeschirr und -becher anbietet, den Kunden:innen nun auch eine Mehrwegalternative anbieten muss. Dabei sind alle Händler:innen betroffen, die Essen oder Getränke an Kunden:innen in Verpackungen ausgeben, das betrifft auch Lieferdienste. Eine Ausnahme bilden kleine Betriebe mit weniger als 5 Mitarbeitenden und einer Geschäftsfläche von maximal 80 Quadratmetern. Dieser Grenzwert gilt für die Gesamtgröße eines Betriebs, das bedeutet, dass einzelne Standorte einer Kette (wie z.B. Fast-Food- oder Bäckerei-Ketten), nicht als kleiner Betrieb gelten, wenn ein einzelner Standort unter dem Grenzwert liegt.
Des Weiteren müssen sowohl kleine Betriebe als auch Betriebe, die über den genannten Grenzwerten liegen, seit dem 01.01.2023 ermöglichen, dass selbst mitgebrachte Mehrwegalternativen befüllt werden können.

Neben den bekannten Kaffee-To-Go-Bechern gilt die Regelung für alle Einwegverpackungen wie Becher für Heiß- und Kaltgetränke, Eisbecher, Einweggeschirr, Menüschalen und -boxen. Dabei ist es irrelevant, aus welchem Material das Einweggeschirr besteht. Einweggeschirr aus biologisch abbaubaren Materialien ersetzen nicht die Verpflichtung zum Angebot von Mehrweggeschirr.
Weiterhin ist wichtig, dass die Mehrwegalternative für Kund:innen weder teurer als die Einwegalternative sein darf noch dürfen sich die Bedingungen des Kaufs verschlechtern, wenn die Mehrwegalternative gewählt wird. Das bedeutet, dass beispielsweise keine Rabatte auf die Produkte angeboten werden dürfen, wenn die Einwegalternative von Kund:innen gewählt wird. Auch muss die Mehrwegalternative in allen Verpackungsgrößen angeboten werden, die es als Einwegalternative gibt.

Damit der stationäre Handel jedoch nicht auf hohen Kosten für die Bereitstellung von Mehrweggeschirr und -bechern sitzen bleibt, ist es laut VerpackG erlaubt, Pfand auf die Mehrwegalternative zu erheben.
Mehrwegverpackungen müssen nicht bei einem dualen System lizenziert werden, es besteht jedoch auch für Mehrwegverpackungen die Pflicht zur Registrierung als Inverkehrbringer:in beim Melderegister LUCID.

 

Wie funktioniert die Umsetzung der Mehrwegpflicht?

Stationäre Händler:innen zwei Möglichkeiten, um Kund:innen eine Mehralternative anzubieten:

  1. Eigene Beschaffung von Mehrweggeschirr und -bechern
  2. Teilnahme an einem Mehrwegsystem

Beide Alternativen bieten Vorteile und können als Chance genutzt werden, die Kundenbindung zu erhöhen. Durch den eigenen Einkauf des Mehrweggeschirrs habt ihr die Möglichkeit euer Logo anzubringen und dadurch gleichzeitig Werbung für euer Geschäft zu machen und die Bindung zu den bestehenden Kund:innen zu stärken. Jedoch bringt der Erwerb der eigenen Mehrwegalternative hohe Kosten mit sich, welche jedoch durch die Einnahme von Pfand wieder eingenommen werden können.
Die Teilnahme an einem Mehrwegsystem hingegen ist weniger kostenintensiv, da ihr das Geschirr als Leihgabe eines Unternehmens erhaltet. Hier zahlt ihr eine Pfandgebühr an das Mehrwegsystem und legt diese Pfandgebühr auf eure Kund:innen um. Dadurch seid ihr flexibler und könnt die Stückzahl individuell variieren und bei Bedarf auch zurückgeben. Dabei besteht zwar nicht die Möglichkeit eure Mehrwegalternative mit eurem Logo zu bestücken, jedoch erleichtert sie euren Kund:innen die Abgabe und den Erhalt des Mehrweggeschirrs, da mehrere Geschäfte diese anbieten, was zu einer erhöhten Kundenzufriedenheit führen kann.

Beispiele, für die eine Mehrwegalternative angeboten werden muss:

  • Becher für Heiß- und Kaltgetränke
  • Eisbecher
  • Einweggeschirr
  • Essensschalen und -boxen

 

Aufgepasst: Es ist egal, aus welchen Materialien das Einweggeschirr besteht. Die Verwendung von biologisch abbaubaren Materialien hat keinen Einfluss auf die Mehrwegpflicht.

 

Wo wir stehen: Fazit nach den ersten sechs Monaten

Hintergrund der Gesetzesanpassung ist, dass Einweggeschirr und -becher einen großen Anteil an Verpackungsmüll ausmachen und nur eine sehr kurze Lebensdauer haben. Durch die Mehrwegalternative soll der Verpackungsmüll stark reduziert, Energie eingespart und Ressourcen geschont werden. Dadurch können Treibhausgase reduziert und die Umwelt entlastet werden. Auf den ersten Blick scheinen die Neuerungen der Novelle des VerpackG eventuell kompliziert, jedoch sollten diese als Chance gesehen werden. Zum einen kann die Einführung von Mehrweggeschirr und -bechern neue Kundengruppen ansprechen, welche Wert auf den ökologischen Umgang mit Ressourcen legen und zum anderen könnt ihr eure Verpackungsmengen reduzieren und dadurch die Kosten für den Erwerb der Verpackungen sowie die Kosten eurer Verpackungslizenz minimieren. Dadurch entstehen also Vorteile sowohl für euer Geschäft als auch für die Umwelt.

Der Start in die Mehrwegpflicht 2023 war allerdings holprig. Das hat verschiedene Ursachen: Die Bestellung der Mehrwegalternativen war für viele Betriebe schwierig, da die Nachfrage sehr groß war und Hersteller:innen lange Lieferzeiten und Engpässe hatten. Für viele Kund:innen war die Nutzung einer Mehrwegalternative neu und ungewohnt. Pfandgebühren und das Zurückbringen sorgten für Skepsis. Die Betriebe setzen die Mehrwegpflicht außerdem sehr unterschiedlich um. Einige haben beispielsweise ein eigenes System etabliert, die Mehrwegverpackungen können also nur in einem Laden wieder zurückgegeben werden. Durch die vielen verschiedenen Systeme ist eine Rückgabe nicht immer überall möglich und dadurch teilweise tatsächlich noch sehr aufwändig. Generell war die Quote der Gastronomien, die die Pflicht überhaupt umsetzen, auch nach sechs Monaten noch stark ausbaufähig. Das lag auch daran, dass die Prüfmechanismen zur Mehrwegpflicht noch nicht ausgereift sind.

Es gibt also auf mehreren Seiten Verbesserungspotential: Endverbraucher:innen müssen bereit sein, umzudenken und das System auszuprobieren. Betriebe müssen die Pflicht flächendeckend umsetzen, die Anbieter:innen der Pfandsysteme müssen stetig an Verbesserung und Ausbau der Systeme arbeiten und es müssen Kontrollmechanismen durch die Länder etabliert werden. Es ist also noch einiges zu tun. Klar aber ist: Mehrwegalternativen sind unumgänglich für den Ressourcen- und Klimaschutz.

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