Der große Praxisguide für den Verkauf als Zwischenhändler
Inhalt
- Lizenzieren als Zwischenhändler*in: Das Wichtigste aus dem VerpackG
- Was muss ich tun? Ihre To Do’s als Zwischenhändler*in
- Beispiel „Ole‘s Möbelstube“: Wann bin ich für welche Verpackungen verantwortlich?
Durch den Verkauf von Produkten entstehen Abfälle in Form von Versand-, Produkt- und Transportverpackungen. Mit dem Recycling dieser Verpackungen können wichtige Wertstoffe wiederholt genutzt werden. Genau das ist das Ziel des Verpackungsgesetzes (VerpackG). Dabei nimmt es all jene in die Pflicht, die Verpackungen in Deutschland in Verkehr bringen. Dieses Prinzip wird auch als erweiterte Herstellerverantwortung (eng.: Extended Producer Responsibility, kurz EPR) bezeichnet. Auch Zwischenhändler*innen sind von diesen Vorgaben betroffen und müssen für bestimmte Verpackungen Verantwortung übernehmen.
Dieser Beitrag befasst sich mit den Pflichten, die aus dem VerpackG hervorgehen und besonders relevant für Zwischenhändler*innen sind. Am Beispiel von „Ole‘s Möbelstube“, zeigen wir Ihnen, für welche Verpackungen Sie wann als Zwischenhändler verantwortlich sind. Zusätzlich führen wir Sie durch die To Do‘s, die Sie erfüllen müssen, um Ihre Pflichten gesetzeskonform zu erfüllen.
Lizenzieren als Zwischenhändler*in: Das Wichtigste aus dem VerpackG
Diese Grundlagen sollten Sie kennen
- Das Verpackungsgesetz (VerpackG) ist 2019 in Kraft getreten und wurde im Jahr 2021 novelliert.
- Geregelt werden Verantwortlichkeiten von Händler*innen sowie der Umgang mit Verpackungsabfällen.
- Zwischenhändler*innen sind – wie auch alle anderen Inverkehrbringer*innen von Verkaufsverpackungen – zur finanziellen Beteiligung am Entsorgungs- und Recyclingprozess der durch sie in Umlauf gebrachten Verpackungen verpflichtet.
- Diese Verpflichtung gilt ab der ersten Verpackung, die in Deutschland in Umlauf kommt.
- Zu den systembeteiligungspflichtigen Verpackungen zählen alle sogenannten Verkaufsverpackungen – das sind alle Verpackungen, die typischerweise bei privaten Endverbraucher*innen landen und dort entsorgt werden (Versand- und Produktverpackungen inklusive Füllmaterialien sowie Serviceverpackungen)
- Diese Verpackungen müssen zum einen bei einem dualen System lizenziert und zum anderen bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister (ZSVR) über LUCID registriert werden.
- Die Zentrale Stelle Verpackungsregister fungiert als Kontrollbehörde für das Verpackungsgesetz.
- Das duale System übernimmt nach Abschluss eines Lizenzvertrags die Organisation des Entsorgungs- und Recyclingprozesses für die entsprechenden Verpackungen.
- Nicht systembeteiligungspflichtige Verpackungen, wie Transportverpackungen, müssen nicht bei einem dualen System beteiligt werden. Als Inverkehrbringer*in von Verpackungen müssen Sie sich seit dem 01. Juli 2022 aber trotzdem im Register LUCID registrieren.
Wann bin ich von den Vorgaben betroffen?
- Sie ordern Produkte bei einem*r deutschen Produzent*in/Händler*in und verkaufen sie weiter.
- Sie ordern Produkte im Ausland und verkaufen diese weiter.
Wenn eine oder beide dieser Aussagen auf Sie zutreffen, sind Sie von den Pflichten des VerpackG betroffen. Sie sind übrigens nicht nur betroffen, wenn Sie als Zwischenhändler*in auftreten: Details zu allen anderen Arten von Händler*innen finden Sie in unseren verschiedenen Praxisguides (Praxisguide Onlinehandel, Praxisguide stationärer Handel, Praxisguide Produzenten, Praxisguide Marktplatzhändler).
Auf die Szenarien, die Sie als Zwischenhändler*in betreffen, gehen wir in diesem Blogbeitrag mit anschaulichen Fallbeispielen genauer ein.
Was muss ich tun? Ihre To Do’s als Zwischenhändler*in
Die Grundlagen des Verpackungsgesetzes kennen Sie nun – aber was heißt das jetzt genau? Was müssen Sie als Zwischenhändler*in machen, um Ihrer Herstellerverantwortung nachzukommen? Dazu haben wir Ihnen Ihre To Do‘s übersichtlich zusammengefasst:
1. To Do: Die Lizenzierung (auch Systembeteiligung genannt). Schließen Sie einen Lizenzvertrag bei einem dualen System (wie Interseroh+ über Lizenzero) ab. Als Grundlage zur Berechnung Ihres Lizenzentgeltes geben Sie Ihre geplanten Jahresmengen an Verkaufsverpackungen an.
Bei Lizenzero können Sie die Berechnungshilfe und den Kalkulator benutzen, um die Berechnung Ihrer Verpackungsmengen schnell und einfach durchzuführen.
Jetzt Verpackungsmengen eingeben
2. To Do: Die Registrierung. Registrieren Sie sich bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister (ZSVR) in der Datenbank LUCID. Ihre persönliche LUCID-Registrierungsnummer erhalten Sie im Anschluss per E-Mail. Jetzt registrieren.
Hinweis: Sie müssen sich in LUCID als „Hersteller“ registrieren. Auch Händler*innen, die Verpackungen in Deutschland in Umlauf bringen, sind laut Gesetz als Hersteller*innen anzusehen. |
3. To Do: Die Datenmeldung: Tragen Sie den Namen Ihres dualen Systems (Interseroh+, wenn Sie über Lizenzero lizenzieren) und die gemeldeten Verpackungsmengen in Ihrem LUCID-Account ein.
Fertig!
Beispiel „Ole‘s Möbelstube“: Wann bin ich für welche Verpackungen verantwortlich?
Wir spielen am Beispiel von „Ole‘s Möbelstube“ verschiedene Fallbeispiele durch, um Ihnen die Zuständigkeiten deutlich zu machen.
Die Situation: Ole reist viel und entdeckt auf seinen Reisen immer wieder verschiedene tolle Möbelstücke. Er hat sich dazu entschieden, ein Unternehmen zu gründen, um diese Möbel weiterzuverkaufen. Er kauft die Möbel bei kleinen Händler*innen ein, und verkauft sie weiter – aber welche Verpackungen muss Ole jetzt genau lizenzieren?
Beispiel #1: Ole ordert handgefertigte Kommoden von einer deutschen Produzentin und verkauft diese an ein Möbelgeschäft weiter
Ole muss folgende Verpackungen lizenzieren:
• Keine: Ole hat die Kommoden auf einer großen Palette geliefert bekommen und packt diese aus. Die Kommoden verpackt er in einer kleineren Menge erneut, um sie an das Möbelgeschäft zu verschicken. Keine der von Ole benutzten Verpackungen werden bei einem*einer Enkund*in im Müll anfallen, da alle Verpackungen bei dem Möbelgeschäft verbleiben.
Diese Verpackungen bezeichnet man als Transportverpackungen. Ole ist für die Transportverpackungen, die er selbst hinzugefügt hat, verantwortlich. Transportverpackungen gehören aber nicht zu den systembeteiligungspflichtigen Verpackungen, weshalb Ole keinen Lizenzvertrag mit einem dualen System schließen muss. Ole muss aber sicherstellen, dass die Transportverpackungen fachgerecht verwertet werden und darüber einen Nachweis haben. Er kann beispielweise einen Umweltdienstleister wie Interzero mit der Rücknahme- und Verwertung beauftragen. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.
Er muss sich außerdem seit dem 01. Juli 2022 im Verpackungsregister LUCID als Inverkehrbringer von Verpackungen registrieren.
Beispiel #2: Ole ordert Spiegel bei einem deutschen Produzenten und verkauft diese online an seine Kund*innen weiter
Ole ist zur Lizenzierung folgender Verpackungen verpflichtet:
• Die von ihm befüllte Versandverpackung samt aller Füllmaterialien und Packhilfsmittel: Ole hat die Spiegel gesammelt in großen Kartons geliefert bekommen und packt diese aus. Den Spiegel versendet er dann in einem speziellen Versandkarton mit Füllmaterial und verschließt ihn mit Klebeband.
Nicht verantwortlich ist Ole für:
• Die zuvor bereits von dem Produzenten befüllte Produktverpackung: In diesem Fall muss Ole das Packpapier, in das jeder einzelne Spiegel eingewickelt ist, sowie die großen Kartons, die er nicht weiter verschickt, nicht lizenzieren.
Ole hat alle Verpackungen, die er selbst hinzugefügt hat, lizenziert. Die Verpackungen, die er von seinem Produzenten erhalten hat, fallen nicht in seine Zuständigkeit. Als Letztvertreiber muss Ole bei einer Überprüfung aber dokumentieren können, dass die Produktverpackung bereits durch seinen Produzenten lizenziert wurden. Dazu kann er prüfen, ob dieser im öffentlichen Verpackungsregister LUCID eingetragen ist oder sich einen Nachweis von seinem Lieferanten besorgen.
Szenario #3: Ole bestellt Teppiche bei einer spanischen Produzentin und verkauft sie an einen Möbelladen weiter.
Beim Import kommt es auf die Vertragsgestaltung an.
Bei einem Kauf ab Werk ist Ole zur Lizenzierung folgender Verpackungen verpflichtet:
• Alle Verpackungen und Verpackungsbestandteile, die mit der Ware in den deutschen Geltungsbereich eingeführt werden: Ole muss das Packpapier, den Karton, die Füllmaterialien, das Klebeband und alle weiteren Verpackungen, die er geschickt bekommt, lizenzieren.
• Alle weiteren Verpackungen, die er selbst befüllt und versendet: Ole verschickt die Teppiche so an den Möbelladen weiter, und fügt keine Verpackungen selbst hinzu.
Da Ole die Teppiche ab Werk gekauft hat, und sie nach Deutschland importiert hat, ist er beim Grenzübertritt für die Produkte und alle Verpackungen zuständig. Damit muss er alle Verpackungen lizenzieren, die durch ihn und sein Handeln (Import von Teppichen) in Deutschland in Umlauf kommen.
Sollte der Vertrag anders lauten, beispielsweise „Delivered at place“, muss seine Händlerin diese Pflichten übernehmen. Ole muss dann nur die Verpackungen lizenzieren, die er selbst noch hinzufügt.
Szenario #4: Ole ordert Blumentöpfe aus Italien und verkauft sie über seinen Onlineshop weiter an seine Kund*innen.
Ole, der die Blumentöpfe in Italien bestellt hat, ist für die Lizenzierung folgender Verpackungen verantwortlich:
Die Vertragsgestaltung bestimmt die Zuständigkeiten.
Beim Kauf ab Werk ist Ole zur Lizenzierung folgender Verpackungen verpflichtet:
• Alle Verpackungen und Verpackungsbestandteile, die mit der Ware in den deutschen Geltungsbereich eingeführt werden: Ole muss hier wieder das Packpapier, den Karton, die Füllmaterialien, das Klebeband und alle weiteren Verpackungen, die er geschickt bekommt, lizenzieren.
• Alle weiteren Verpackungen, die er selbst befüllt und versendet: Ole verschickt die Blumentöpfe in eigenen Kartons, mit Füllmaterial und Klebeband.
Da Ole die Blumentöpfe ab Werk gekauft hat, und sie nach Deutschland importiert hat, ist er beim Grenzübertritt wieder für die Produkte und alle Verpackungen zuständig. Zusätzlich muss er alle Verpackungen lizenzieren, die er noch hinzugefügt hat.
Auch hier kann der Sachverhalt aber anders aussehen: Sollte der Vertrag anders lauten, beispielsweise „Delivered at place“, muss die ausländische Händlerin diese Pflichten übernehmen. Ole muss dann nur die Verpackungen lizenzieren, die er selbst noch hinzufügt.